Patronat: Italien (Hauptpatron seit 1939), Assisi; der Franziskaner, der Armen, Lahmen, Blinden, Gefangenen, Schiffbrüchigen, Weber, Tuchhändler, Schneider, Kaufleute, Flachshändler, Tapetenhändler, Sozialarbeiter und Ökologen (seit 1980); für den Umweltschutz; gegen Kopfschmerzen und Pest
Giovanni (Johannes) Bernadone, um die Jahreswende 1181/82 im mittelitalienischen Assisi geboren und von seinem Vater Pietro, einem reichen Tuchhändler, nach der Rückkehr von einer Reise nach Südfrankreich, der Heimat seiner Gattin Pica, Francesco (Französlein) genannt, erlebte eine sorglose und fröhliche Kindheit und Jugend.
Er konnte als Sohn eines angesehenen Bürgers die Pfarrschule von San Giorgio besuchen. Danach trat er ins väterliche Geschäft ein.
Als 21-Jähriger beteiligte er sich hoch zu Ross an einem Krieg gegen die Nachbarstadt Perugia. Sein Ziel: Er wollte sich als Kriegsheld einen Namen machen und auf diesem Weg in den Stadtadel Assisis aufsteigen. Doch daraus wurde nichts. Francesco geriet in Kriegsgefangenschaft, wurde in Perugia ins Verlies geworfen und erst nach fast einjährigen Verhandlungen und Zahlung einer hohen Lösegeldsumme schwer krank wieder freigelassen. Kaum genesen,wollte er auf einem Feldzug des berühmten Heerführers Walter von Brienne durch Süditalien noch einmal sein Glück versuchen, kehrte aber wenige Tage nach seinem Aufbruch nach einem Traumerlebnis wieder um und machte sich auf die Suche nach dem eigentlichen Sinn des Lebens, den er in der Einsamkeit der Wälder rund um Assisi zu finden hoffte. Eines Tages traf er einen Aussätzigen. Einer spontanen Eingebung folgend, gab er ihm nicht nur ein Almosen, sondern überwand seinen Ekel und umarmte den in Lumpen gehüllten Bettler, wobei ihn ein nie erlebtes Glücksgefühl durchströmte. Francesco hatte seine Berufung gefunden: Er wollte künftig Buße tun für seinen Hochmut und sein Leben den Armen und Kranken widmen.
Als Francesco jedoch begann, das väterliche Vermögen zu verschleudern, um Bettler zu speisen und das nahe gelegene, verfallene Kirchlein San Damiano wieder aufzubauen – angeblich auf Geheiß von Jesus Christus –, zog der entsetzte Vater vor Gericht, um seinen offenbar verrückt gewordenen Filius formell enterben zu lassen. Doch Francesco verzichtete freiwillig auf sein Erbe, entledigte sich vor den Augen des Bischofs von Assisi seines prächtigen Gewandes, warf es dem Vater mit den Worten »Weder Geld noch Kleider will ich von dir. Von nun an nenne ich nur einen Vater, den im Himmel!« vor die Füße und verließ die Stadt.
Nach monatelangem Einsiedlerleben in selbstgewählter Armut in der Umgebung von Assisi und der eigenhändigen Wiederherstellung der Kapelle Santa Maria degli Angeli, die er »Portiuncula« nannte, mit erbetteltem Baumaterial, begann Francesco im Jahre 1208 – gekleidet in eine grobe, mit einem Strick gegürtete Kutte – nach dem Vorbild Jesu als Wanderprediger durch die Lande zu ziehen und Gutes zu tun. Anfangs erntete er nur Hohn und Spott, doch faszinierte sein tiefer Ernst, seine glühende Liebe zu Gott und zur Schöpfung, vor allem seine praktizierte Nächstenliebe immer mehr Menschen. Schon bald schlossen sich ihm junge Männer aller Gesellschaftsschichten an, die von seinem Wirken beeindruckt waren und ebenso leben wollten wie er. Bereits 1209 war die Schar auf ein Dutzend angewachsen und wurde von Francesco paarweise ausgesandt, um Kranke zu pflegen und den Menschen in den Städten und Dörfern Mittelitaliens die Buße zu predigen, die Erneuerung des eigenen Lebens und die Erneuerung der Gesellschaft. Um beim Volk und beim Klerus nicht als vagabundierende Sektierer zu gelten, verfasste Francesco für das Zusammenleben der Gemeinschaft eine nur aus einigen Worten des Neuen Testaments bestehende Regel: Nach der Botschaft Jesu »Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib es den Armen« (Matthäusevangelium 9, 21) verlangte er von seinen Gefährten in erster Linie, allem Besitz zu entsagen und Gutes zu tun. Er reiste nach Rom, um von Papst Innozenz III. (1198–1216) die formelle Anerkennung für den »Ordo Fratrum Minorum« (»Orden
der Minderen Brüder«/OFM) zu erwirken. Innozenz ließ sich davon überzeugen, dass die »Fratres Minores« (»Minderbrüder«, »Minoriten«) tatsächlich das lebten, was sie verkündigten, und gab seinen Segen zur Gründung des ersten Bettelordens der katholischen Kirche.
Die offizielle Billigung der »Minoriten « (später »Franziskaner«) durch den Papst verbreitete sich in Windeseile. Überall, wo Francesco auftauchte, ließ man die Glocken läuten, und die Gemeinschaft, die ihn in demokratischer Wahl zu ihrem Leiter ernannt hatte, erhielt beträchtlichen Zulauf. Feste Niederlassungen wurden gegründet, zunächst in Italien, bald auch jenseits der Alpen. Stammkloster wurde Portiuncula bei Assisi, wo sich fortan einmal im Jahr alle Ordensbrüder zum »Capitulum «, zur feierlichen Hauptversammlung, trafen.
Auch viele Frauen fühlten sich zur radikalen Lebensweise im Sinne des Evangeliums hingezogen. Im Frühjahr 1212 nahm Francesco, längst durch seine beeindruckenden Reden und Gesänge als »Troubadour Gottes« weithin bekannt und hochverehrt, eine Adelige aus Assisi namens Klara Offreduccios (1191–1253; Heilige) in den Orden auf. Ihre Schwestern Agnes und Beatrix, ihre verwitwete Mutter Hortulana und andere Frauen folgten wenig später. Die Schwestergemeinschaft ließ sich schließlich bei der Kirche San Damiano nieder und gründete den weiblichen Ordenszweig der »Armen Frauen von Assisi« (Klarissinnen; auch Franziskanerinnen).
Francesco selbst wirkte weiterhin als wandernder Prediger. Ende 1212 gelangte er nach Dalmatien (heute Kroatien), in den folgenden beiden Jahren bis nach Südfrankreich und Spanien und im Rahmen des 5. Kreuzzugs 1219 sogar bis nach Ägypten und ins Heilige Land. Sein Versuch, den ägyptischen Sultan El-Kamil, einen Neffen Saladins, zu bekehren, schlug allerdings fehl. 1220 nach Italien zurückgekehrt, gab er die Ordensleitung an einen Mitbruder ab und zog sich in die Einsamkeit eines kleinen Klosters bei Arezzo in den Albaner Bergen zurück. Dort gründete er für die Männer und Frauen, die in ihrer Familie und ihrem Beruf bleiben, aber nach den Grundsätzen des Evangeliums leben wollten, den weltlichen »Dritten Orden« (Terzianer) und verfasste, unter Mitwirkung des Kardinals Ugolino von Segni, des späteren Papstes Gregor IX. (1227–41), für den Hauptorden ein neues, ausführliches Regelwerk, das Ende November 1223 von Papst Honorius III. (1216–27) bestätigt wurde.
Am 17. September 1224 wurde Francesco (gemäß der Überlieferung) auf seine Bitte, am Leiden Jesu Anteil haben zu dürfen, nach 40-tägigem Fasten auf dem Monte Alverno stigmatisiert und trug fortan die fünf Wundmale Christi. (Die Stigmatisation wurde später von Papst Gregor IX. bezeugt und war die erste der Kirchengeschichte.)
Das entbehrungsreiche Leben beeinträchtigte zunehmend Francescos Gesundheit. 1225 begab er sich zur Behandlung nach Siena, vor allem, weil ihm der völlige Verlust seines Augenlichts drohte. Doch die Mediziner konnten kaum etwas für ihn tun. Im September 1226 ließ er sich nach Assisi zurückbringen, wo er nach einem mit seinen Gefährten gefeierten Abendmahl am 3. Oktober 1226 starb und bestattet wurde.
Francescos Testament war erfüllt von der Angst um den Fortbestand und die weitere Entwicklung seines Ordens. Darüber hätte er sich jedoch nicht den Kopf zerbrechen müssen, da die Glaubensgemeinschaft sich weiterhin regen Zulaufs erfreute.
Francescos Heiligsprechung erfolgte bereits am 15. Juli 1228 durch Papst Gregor IX. (Fest: 4. Oktober), ebenso die Grundsteinlegung zur Basilika »San Francesco« über seinem Grab in Assisi, die zur Pilgerstätte für Gläubige aus der ganzen Welt wurde. Das aus einer Ober- und einer Unterkirche bestehende Gotteshaus wurde 1253 eingeweiht und in jahrzehntelanger Arbeit u. a. von den italienischen Künstlern Cimabue (um 1240–1302) und Giotto (um 1266–1337) mit Wand- und Deckengemälden über das Leben undWirken des Heiligen ausgeschmückt.
Die Schriften des Franz von Assisi, der von Christen in aller Welt als Patron der Armen und Kranken, der Handwerker und Kaufleute sowie der Sozialarbeiter verehrt wird und der wegen seines vorbildlichen Lebenswandels auch bei den Gläubigen anderer Konfessionen hohes Ansehen genießt, gelten heute als erste dichterische Gestaltung der italienischen Sprache (u. a. »Sonnengesang«). Zudem gilt Franz von Assisi als »Erfinder« der heute weltweit bekannten und beliebten Weihnachtskrippe. Im Jahre 1223 soll er im Wald nahe dem italienischen Dorf Greccio die Christnacht als Erster mit einer hölzernen Futterkrippe zwischen Ochs und Esel gefeiert haben, womit er die Botschaft von der Menschwerdung Christi veranschaulichen wollte. (»Und sie gebar ihren ersten Sohn, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.« [Lukasevangelium 2, 7]) Zwar waren bereits im 4. Jahrhundert in Rom, als man das Datum für Christi Geburt auf den 25. Dezember festlegte, obwohl niemand genau weiß, wann und wo und unter welchen Umständen Jesus einst geboren wurde, erste Bilder von der »Heiligen Nacht« mit Maria, Josef und dem Kind entstanden, doch figürliche Darstellungen der Geburtsgeschichte sind tatsächlich erst seit dem 13. Jahrhundert nachweisbar.
1939 wurde Franz von Assisi von Papst Pius XII. (1939–58) offiziell zum Patron Italiens erklärt, und 1980 erhob ihn Papst Johannes Paul II. zum Schutzpatron der Ökologen, da er nicht nur ein besonderes Verhältnis zu den Menschen, sondern auch zu Pflanzen und Tieren hatte und somit als erster »Umweltschützer « bezeichnet werden kann. Immer wieder predigte Franz von Assisi, Gott habe der Menschheit die Erde anvertraut. Deshalb sei es ihre Aufgabe, sie zu hüten und zu pflegen.Wenn seine Ordensbrüder Bäume fällten, verbot er ihnen, den Stamm ganz unten abzuschlagen, damit er die Chance hatte, wieder auszutreiben. Auch wies er die Gärtner an, nicht zu viel umzugraben, damit auch Unkraut und Feldblumen ihren Platz fänden.
Am 26. September 1997 forderten zwei schwere Erdbeben innerhalb weniger Stunden in der Provinz Umbrien elf Tote und zahlreiche Verletzte und richteten hohe Sachschäden an. Viele mittelalterliche Bauwerke erlitten massive, irreparable Schäden, darunter auch die Kirche San Francesco in Assisi mit den weltberühmten Franziskusfresken von kunsthistorisch unersetzlichem Wert.
Erneut weltweite Schlagzeilen machte Assisi am 24. Januar 2002: Über 200 Geistliche aller Weltreligionen sowie kleinerer Glaubensgemeinschaften hatten die Einladung von Papst Johannes Paul II. zu einem interreligiösen Gebetstreffen angenommen und waren nach Assisi gekommen, um ein Bekenntnis zu Frieden und Gerechtigkeit in der Welt abzulegen. »Nie wieder Gewalt, nie wieder Krieg, nie wieder Terrorismus. Im Namen Gottes möge jede Religion Gerechtigkeit und Frieden auf Erden bringen«, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche bei der gemeinsamen Abschlussfeier vor der Franziskusbasilika. Zuvor hatte man, wie bereits 1986 beim erstenWeltfriedenstreffen in Assisi, getrennt gebetet – in verschiedenen Sälen des Klosters, wo die Franziskanermönche der nicht-christlichen Geistlichen wegen alle Kreuze und Jesusbilder von den Wänden genommen hatten.
Dieser Text ist dem „Lexikon der Heiligen und Namenstage“ entnommen. Albert Urban (Hg.), Herder-Verlag, Freiburg, 2010